Wirtschaftlicher Neubau von Liegenschaften - eine steuerliche Knacknuss

Werden Liegenschaft mit grossem Aufwand umfassend saniert, neigen die Steuerbehörden vermehrt dazu, von einem "wirtschaftlichen Neubau" zu sprechen. Dies hat zur Folge, dass der entsprechende Aufwand nicht vom Einkommen in Abzug gebracht werden kann, auch wenn er teilweise unbestreitbar werterhaltend ist. Es erfolgt somit diesbezüglich keine Ausscheidung mehr.

Die Steuerbehörden nehmen diese Haltung oft ohne weitere Abklärung des Sachverhalts ein. Erachten sie die geltend gemachten Sanierungskosten als zu hoch, verglichen mit dem Wert der Liegenschaft, gehen sie einfach davon aus, es liege wirtschaftlich ein Neubau vor. Womit oft faktisch die alte Dumont-Praxis durch die Hintertür wieder eingeführt wird. Frei nach dem Motto: Der Steuerpflichtige wird sich wohl zur Wehr setzen, wenn er damit nicht einverstanden ist.

Solche Fälle gibt es tatsächlich: Wer eine Gewerbeliegenschaft in ein Mehrfamilienhaus umbaut oder ein Einfamilienhaus bis auf eine Aussenmauer abreisst und nachher neu aufbaut, kann die angefallenen Kosten nicht als einkommensmindernd geltend machen.

Solche Fälle sind aber selten. Meistens lohnt es sich deshalb, sich zur Wehr zu setzen. Wichtig ist jedoch, dass man diesfalls die Steuerbehörden spätestens im Einspracheverfahren (vorzugsweise aber schon vor der Veranlagung) gut dokumentiert. Pläne, Kostenvoranschläge, Bauabrechnungen, Baubeschriebe etc. müssen eingereicht werden. Nur dann bestehen gute Erfolgsaussichten.

Dr. Raoul Stampfli
Fachanwalt SAV Erbrecht