Unternehmen im Güter- und Erbrecht

Wer ein Unternehmen hat, in welcher Rechtsform auch immer, muss sich zum Teil unangenehme Fragen stellen: Ich bin glücklich verheiratet - was aber geschieht im Fall einer Scheidung? Wie bereite ich die letztlich unvermeidliche Nachfolge vor? Was geschieht, wenn ich sterbe?

Viele Anwälte und Notare denken in diesem Kontext primär oder nur an Güter- und Erbrecht. Doch das greift zu kurz. Gerade so relevant wenn nicht noch deutlich wichtiger sind vorgelagerte Fragen wie: Wie ist mein Unternehmen finanziert? Hat es die richtige Rechtsform? Kann es ohne mich finanziell und organisatorisch überleben? Habe ich mein ganzes Vermögen in mein Unternehmen investiert? Dazu die folgenden Gedanken:

  • Wer alles auf eine Karte setzt und sein ganzes Vermögen in sein Unternehmen investiert, handelt nicht unbedingt unternehmerisch sondern primär riskant: Don't put all eggs in one basket! Probleme bei der Nachfolge, bei einer Ehescheidung oder der Erbteilung sind sonst vorprogrammiert.
  • Wer sich für unersetzlich hält, unterliegt entweder einem fundamentalen Irrtum oder hat vieles falsch gemacht.
  • Wer grosse Risiken eingeht, tut dies nicht nur für sich sondern automatisch auch für seine Liebsten, seine Arbeitnehmer, seine Geschäftspartner etc.

In finanzieller Hinsicht empfiehlt es sich, neben dem Unternehmen ein genügendes Privatvermögen aufzubauen, um die persönliche wirtschaftliche Existenz zu sichern. Im Vordergrund steht unter Anderem eine angemessene Altersvorsorge.

Sodann ist güterrechtlich für den Fall einer Ehescheidung vorzusorgen. Verschiedene Mittel stehen zur Verfügung: Zuweisung des Unternehmens (und ggf. der Erträge) zum Eigengut, Ausschluss des Mehrwertanteils an einer einzelnen Investition, modifizierte Beteiligung am Vorschlag des Unternehmers oder der Unternehmerin, Wahl eines anderen Güterstandes. Alle diese Massnahmen schützen den Unternehmer und benachteiligen gleichzeitig seinen Ehegatten. Dieser ist im Gegenzug auf andere Weise zu schützen (Altersvorsorge, Lebensversicherungen etc.).

Auch den Tod gilt es zu bedenken. Was soll im Rahmen der Erbteilung mit dem Unternehmen geschehen? Gibt es neben dem Unternehmen noch andere Vermögenswerte, was die Teilung sehr erleichtert? Gibt es einen gesetzlichen Erben, der das Unternehmen übernehmen und zum Erfolg führen könnte? Wenn ja, kann er seine Miterben auszahlen oder muss er sie als Mit-Eigner akzeptieren? Welche Rechtsform des Unternehmens wäre vorteilhaft?

Vorweg klar ist nur das Folgende: Ein echter Unternehmer verschliesst sich solchen Fragen nicht. Und Standardlösungen gibt es keine. Eine gute Beratung, die sich nicht nur auf das Rechtliche beschränkt sondern alle Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt, ist unerlässlich.

Dr. Raoul Stampfli
Fachanwalt SAV Erbrecht