Die wichtigsten Änderungen des neuen Erbrechts 2023

Am 1. Januar 2023 tritt die erste "Tranche" des neuen Erbrechts in Kraft. Dies sind die wichtigsten Änderungen:

1. Ist beim Tod des Erblassers ein Scheidungsverfahren hängig, so verliert der überlebende Ehegatte unter bestimmten Voraussetzungen seinen Pflichtteilsanspruch, wenn der vorversterbende Ehegatte entsprechendes testamentarisch verfügt. Tut er dies nicht, so steht dem überlebenden Ehegatten der gesetzliche Erbteil zu.

2. Die Pflichtteile der Nachkommen betragen neu ½ und nicht mehr ¾ ihres gesetzlichen Erbteils.

Die Pflichtteile der Eltern fallen sodann ganz weg.

Beides gibt erheblich grössere Freiheit bei der Nachlassplanung.

3. Darüber hinaus sind verschiedene Rechtsfragen abschliessend beantwortet worden, die bisher zum Teil sehr kontrovers diskutiert worden sind:

  • Berechnung der Pflichtteile von Nachkommen bei güterrechtlicher Bevorzugung des überlebenden Ehegatten
  • (Un)Zulässigkeit von erbvertragswidrigen Schenkungen
  • Herabsetzung von Erwerbungen gemäss gesetzlicher Erbfolge

Es empfiehlt sich sehr, bestehende Ehe- und Erbverträge zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Gerade die neue Pflichtteilsregelung kann zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Auslegung führen. Soll der Pflichtteil der Nachkommen unter der Herrschaft eines "altrechtlichen" Erbvertrags wie bisher ¾ oder neu ½ betragen? Was haben die Eltern gewollt? Solche Unsicherheiten können zu genau den Problemen führen, welche die Eltern mit dem Erbvertrag haben vermeiden wollen.

Dr. Raoul Stampfli
Fachanwalt SAV Erbrecht